Wie geht Pulheim mit der Pandemie um?

Wir haben – stellvertretend für viele – 3 Unternehmer befragt, wie sie mit den Folgen des Lockdown umgehen. Hier kommen Peter van Bonn (Eventmanager bei PvB Events ), Bodo Bressin (BB, Inhaber des Restaurants Ruland`s Zehnthof) und Marco Seypelt (MS, Inhaber vom Theater im Walzwerk)) zu Wort. (Stand 08.03.21)

Grünzeug (GZ): Wie haben Sie das Jahr 2020 erlebt?

PvB: Ich bin Soloselbstständiger in der Veranstaltungsbranche. Wir haben seit Anfang März 2020 quasi ein Berufsverbot. Das Einzige, was ich den Kunden im Jahr 2020 anbieten konnte, waren Online-Streams ihrer Veranstaltungen. Da ich aber zum größten Teil Privatkunden bediene, fiel auch diese Option für fast alle Kunden als Option aus. Neben der Soforthilfe, die im April ausgezahlt wurde, greifen die weiteren Hilfen der Bundesregierung leider nicht ausreichend bei Soloselbstständigen. Zur zweiten Jahreshilfe hin habe ich dann, zur Überbrückung und zur Sicherung meiner Liquidität, eine Arbeitsstelle in einem Gesundheitsamt im Bereich der Personalplanung angenommen.

BB: Ich fand den Lockdown in 2020 gerechtfertigt. Wir haben einen Abholservice, welcher von unseren Kunden bis heute genutzt wird, dafür möchten wir uns bedanken. Die Hilfen hat mein Steuerberater beantragt, diese sind dann auch sehr zeitverzögert geflossen. Wenn man keine Rücklagen gehabt hätte, hätte es sehr eng werden können Die Bürokratie erschlägt einen und man ist rechtsunsicher wie und ob einem das Geld zusteht.

MS: Das Jahr 2020 war ein Jahr voller neuer Erfahrungen, Gefühle. Zwischen Mut, Hoffnung und Verzweiflung war alles dabei. Dank der schnellen Soforthilfe des Landes konnte ich zumindest zu Beginn der Krise noch alles positiv sehen. Mit viel Energie habe ich das Theater versucht, coronakonform umzubauen, Platz zu schaffen. Wir haben angefangen Online-Streams zu organisieren und auch dort in Technik investiert. 

Toll, was in dieser Zeit für ein Zuspruch von Gästen kam, immer wieder ermutigend, dran zu bleiben, weiter zu machen. Unterstützt durch den Kauf des einen oder anderen Solidaritätstickets. Eine Hilfe aus dem Kulturfonds der Stadt Pulheim hat Anerkennung gezeigt. Das Theater wäre letzte Woche 20 Jahre geworden. Eine Feier ohne Lachen, Gäste und Sekt. 

GZ: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

PvB: Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Ideen und Hygiene-Konzepte für Veranstaltungen angenommen und nicht pauschal abgelehnt werden. Zusätzlich sollte die Koordination und Vergabe der Impfungen professioneller und einfacher für den Bürger ausgeführt werden, damit wir alle schnell aus dieser Pandemie kommen.

BB: Wir brauchen eine Perspektive, einen Rahmen. Wir und unsere Gäste können nichts planen! Wir haben nur sehr wenige Anfragen und Aufträge, selbst wenn wir langsam wieder arbeiten dürften, ist nicht gesichert, dass man wirtschaftlich arbeiten kann .Geschweige denn, dass man das passende Personal zur Verfügung hat.

Die Netzwerke welche man aufgebaut hat, haben in der Zeit sehr gelitten.

MS: Ich wünsche mir vor allem, dass alle Gäste und Freunde des Theaters gesund bleiben. Dass ich hier niemanden für ewig vermissen muss, weil dieses Virus zugeschlagen hat. Ich wünsche mir mehr Blick auf die Kultur und gezielte Unterstützung, um nicht das Gefühl zu haben, nicht systemrelevant zu sein. Kultur tut so viel Gutes für Mensch und Seele – das ein Streaming nie erreichen kann/wird.

GZ: Welche Unterstützung wünschen Sie sich von Seiten der Stadt/des Landes/des Bundes?

PvB: Ich würde mir wünschen, dass die Bundesregierung passendere Hilfen auf den Weg bringt und Perspektiven für die Veranstaltungswirtschaft vorzeigt. Die Veranstaltungsbranche wurde als erstes geschlossen und wird als letztes wieder öffnen dürfen. Bis dahin ist es sicherlich noch ein langer holpriger Weg, für alle aus der Branche.

BB: Ich dachte zum Frühling würde die Perspektive besser. Wir würden uns eine klarere Kommunikation wünschen. Wenn wir öffnen dürften, müssten wir langfristig geöffnet bleiben, denn der Aufwand, den Laden hochzufahren/runterzufahren ist sehr aufwendig und teuer.

MS: Ich wünsche mir, dass der Bund unbürokratische Hilfen anbietet, das ganze Hilfspaket übersichtlicher gestaltet ohne Hürden, die abschrecken, und ohne Fallstricke und Falltüren, weil auch nach Antragstellung (sowie bei der Soforthilfe passiert) dann doch Änderungen z.B: im Verwendungszweck der Hilfen angeordnet werden. Wir Soloselbständige und Kulturbetreiber müssen nicht nur unsere Fixkosten tragen, sondern auch von irgendetwas leben. Jetzt sind Reserven, Rücklagen fürs Alter etc. alles aufgebraucht. Hier erwarte ich Hilfen, um das möglichst schnell wieder aufzubauen, damit die nächste Krise nicht bevorsteht…

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