Die Landwirte sind gegen eine neue Umgehungsstraße

Peter Herzogenrath ist Kreisgeschäftsführer des Rheinischen Landwirtschafts-Verbands e.V. (RLV), kommt aus Stommeln und lebt in Pulheim. Der RLV ist seit über 75 Jahren die einheitliche Berufsvertretung für die Bauern mit ihren Familien im Rheinland. Wir haben ihn u.a. zu den Planungen einer neuen Umgehungsstraße zwischen Ingendorf, Fliesteden und Büsdorf (L93n) befragt.

Grünzeug (GZ): Die neue Umgehungsstraße soll von der B59 zwischen Ingendorf, Fliesteden und Büsdorf bis hin zur B477 führen. Was halten die Landwirte davon?

Peter Herzogenrath (PH): Die Landwirte halten von diesem Straßenbauvorhaben sehr wenig bis gar nichts. Dies liegt vor allem an den massiven Flächenverlusten, die damit einhergehen werden. Nach den Angaben des Landesbetriebs Straßenbau NRW sollen der Landwirtschaft insgesamt gut 61 ha dauerhaft entzogen werden.

GZ: Und warum ist diese Fläche für die Landwirtschaft so wichtig?

PH: Zunächst einmal ist Fläche für die landwirtschaftlichen Betriebe nun einmal das Produktionsmittel Nr. 1. Das Gebiet, das von den Flächenverlusten betroffen wäre, zeichnet sich durch hohe Bodenqualitäten aus. Insgesamt sind die Ansprüche an die landwirtschaftliche Fläche in unserer Region sehr hoch, vor allem durch die Planung neuer Wohn- und Gewerbegebiete, aber auch wegen des Strukturwandels im Rheinischen Revier und der Flächeninanspruchnahmen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Und auch die Ansprüche des Natur- und Artenschutzes steigen ständig.

GZ: À propos Strukturwandel: Diese Umgehung soll den ja voranbringen. Ist das für Sie nachvollziehbar?

PH: Losgelöst von der landwirtschaftlichen Sichtweise gibt es sicherlich sachliche Argumente, die für den Bau dieser Straße sprechen. Aber durch die L 93n sollen wohl hauptsächlich für die Zukunft geplante Gewerbegebiete auf Bergheimer Gebiet angeschlossen werden. Ich sehe die Straße vor allem als Lkw-Highway, als maut- und ortsdurchfahrtsfreie Verbindung zwischen der A 57 und der A 1 einerseits und der A 61 andererseits. Ich schätze, dass ein beträchtlicher Teil des für 2030 prognostizierten Verkehrs ohne die neue Straße hier gar nicht stattfände. Man muss sich in Zeiten des Klimawandels ernsthaft fragen, ob eine solche Planung noch in die Zeit passt.

GZ: Wie organisieren sich die Landwirte? Und wie agiert der RLV?

PH: Eine Gruppe von vor allem in Fliesteden und Büsdorf ansässigen landwirtschaftlichen Betrieben hat sich zu einer Art Aktionsgemeinschaft zusammengefunden, die bereits durch Plakate auf ihren Protest aufmerksam gemacht hat. Wir bei den Kreisbauernschaften haben gegen das Vorhaben Stellung bezogen. Die Unterstützung durch den RLV kann in letzter Konsequenz bis zu einer gerichtlichen Vertretung gehen.

GZ: Worauf zielen die Aktionen genau?

PH: Seitens der Kreisbauernschaft geht es um Unterstützung unserer Mitglieder in jeglicher Hinsicht, vor allem aber sicherlich im Bereich der Rechtsberatung und der rechtlichen Vertretung. Primäres Ziel ist es, den Bau der Straße zu verhindern. Falls dies nicht gelingt ist Plan B, darauf hinzuwirken, dass die Folgen des Vorhabens für die Landwirtschaft im fraglichen Bereich insgesamt, insbesondere aber für die einzelnen Betriebe so weit wie möglich abgemildert werden. Hier geht es vor allem um eine Einschränkung des Flächenverbrauchs. Es gilt beim Artenschutz und beim ökologischen Ausgleich alternative Lösungen zu finden, Stichwort produktionsintegrierte Maßnahmen.

GZ: Sehen Sie noch eine realistische Chance, dass die landwirtschaftlichen Flächen erhalten bleiben?

PH: Da das Vorhaben in die Stufe 1 des Landesstraßenbedarfsplans aufgenommen wurde und damit Gesetzescharakter hat, sehe ich es zumindest derzeit als nicht realistisch an, die L 93n verhindern zu können. Andererseits waren wir im Zeitraum 2009 bis 2011 schon einmal im Verfahren noch weiter fortgeschritten und dann hat die damalige Landesregierung die L 93n wieder aus der Stufe 1 herausgenommen.

Warten wir’s mal ab.

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