Rede zum Haushalt 2024/2025

Rede zum Haushalt 2024/2025 von Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 

Dr. Axel Nawrath 

420 Mio € im Doppel-HH – Wird es uns gelingen, Pulheim so handlungsfähig zu machen, dass wir unsere Aufgaben anpacken, Projekte umsetzen und Probleme gemeinsam lösen? 

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, meine Kolleginnen und Kollegen des Rates, Herr Bürgermeister 

Das ist die zentrale Frage, die für uns Grüne über diesem Haushalt schwebt. 

Es stehen große Aufgaben vor uns. Krisen und Probleme stellen uns auch in Pulheim vor wachsende Herausforderungen. Klima, demographischer Wandel, Geflüchtete, Schulen, Fachkräftemangel, Inflation, Finanzen und vieles mehr. 

Und dazu brauchen wir Handlungsfähigkeit. Die nächsten beiden Jahre werden entscheiden, ob der Doppelhaushalt 2024/2025 mit über 100 Mio € Investitionen auch umgesetzt wird oder ob nur riesige Haushaltausgabereste bleiben. Ich glaube, das sehen nicht nur wir so. Wir Grüne sind zu gemeinsamem Handeln bereit. 

In diesem Sinne ist es gut, auf Steuererhöhungen zu verzichten. Vor weiteren Belastungen von Bürgerinnen und Bürgern soll zunächst eine andere Einnahmequelle stehen – Fördergelder für Projekte. Auch die Senkung der Kreisumlage erhöht unsere Spielräume. Im Sinne der Wirtschaftsförderung könnte sich Pulheim um Strukturwandel-Mittel bemühen. 

Heute werde ich nicht auf alle wichtigen Aspekte des Haushalts, sondern auf 7 exemplarische Themen eingehen. 

I) Klimaschutz 

Erstens: Handlungsfähig müssen wir insbesondere beim Klimaschutz sein. Die Notwendigkeit brauche ich wohl kaum noch zu begründen. Zeigt doch die Erwärmung der mittleren Erdtemperatur von 0.9 bis 1.2 Grad schon heftige Auswirkungen wie Überflutungen, die in der Nachbarschaft ganze Ortsteile wegrissen. Unsere Landwirte, Stadtbäume und die Pulheimer Laachen leiden schon jetzt unter langanhaltenden Trockenphasen. Da möchte ich mir nicht ausmalen, was uns bei 2.5 Grad oder höher erwartet – und darauf steuern wir direkt zu. Ob wir dann den sozialen Frieden noch wahren können? 

Aus diesem Grund wurden die lokalen Klimaschutzziele mit dem Pulheimer Klima- Appell 2020 verschärft. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen der stadteigenen Gebäude auf Null gesenkt werden. Ab 2050 soll ganz Pulheim klimaneutral sein. Aber sind wir auf dem richtigen Weg? 

Leider stockt die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes. Und die 34 Einzelmaßnahmen wurden noch nicht erweitert, um die neuen Klimaschutzziele erreichbar zu machen. Klimaschutzmanager verlassen reihenweise Pulheim. Jetzt wurde auch noch ein Impulsgeber, der Klimabeirat, mit knapper Mehrheit abgeschafft. Ohne Bürgerbeteiligung, hier durch Schülerinnen und Schüler, wäre die Geld- und Gasverschwendung am GSG nicht aufgedeckt worden. 

Die Energieberichte der Jahre 2020 bis 2022 zeigten, dass die witterungsbereinigten Durchschnitts-Verbräuche der städtischen Immobilien über dem VDI Mittelwert aus dem Jahre 2014 liegen, bei Ausgangswerten aus 2004. Hier wird die stiefmütterliche, energetische Betrachtung der Gebäude erschreckend deutlich. So gibt es auch immer noch keine gebäudespezifische Verbrauchsmessung. 

Ein nachhaltiges Energiemanagement KomEMS wurde zwar beschlossen, aber bis heute nicht eingeführt. Andere Kommunen sehen darin eine Chance für Klimaschutz und Haushaltskassen. In Pulheim streicht die bürgerliche Mehrheit den European Energy Award und fällt damit dem Bürgermeister in den Rücken. Ihm wird ein wichtiges Werkzeug genommen, CO2 zu reduzieren. Nun steigt der Personal-Aufwand, um das Gleiche zu erreichen. Und dabei ist doch gerade der akute Personalmangel das Hauptproblem. 

Wir Grünen erwarten, dass Klimaschutz wieder mit Priorität vorangetrieben und realisiert wird. Wir reichen gerne die Hand und unterstützen dabei. 

In diesem Sinne finden sich auch gute Ansätze. Z.B. 511.000 € für die Ladeinfrastruktur, jeweils 350.000 € für Photovoltaik und 1.1 Mio € für eine energieautarke Kläranlage. Positiv bewerten wir auch zwei Elektrofahrzeuge im Kanalbetrieb, die alte Diesel-Caddies ersetzen. 

Punkt II) Vorausschauende Stadt- und Raumplanung 

Ein auch auf Pulheim wirkender Meilenstein für den Klimaschutz, das Gebäudeenergiegesetz tritt zum 1.1.2024 in Kraft. Ein wichtiges Werkzeug wird die kommunale Wärmeplanung sein. Pulheim muss solch ein Konzept bis 2028 erstellen. Ein wichtiger Schritt: Die Förderanträge sind bereits gestellt. Ein Dankschön an die Verwaltung. Je früher das Konzept steht, desto schneller kennen die Pulheimerinnen und Pulheimer die für sie beste Lösung. 

Wir, Bündnis90/Die Grünen, begrüßen die Erstellung des Rahmenkonzeptes für die Reiherwiese am Sportzentrum, eine ideale Fläche für Infrastrukturprojekte. Gleiches gilt für den Allgemeinen Siedlungsbereich in Brauweiler. Hier gibt es auch Potential für preiswerten Wohnraum. 

Nicht ganz so vorausschauend wirkt das Trauerspiel um den Brandschutzbedarfsplan. Die letzte Frist, 31.12.2020, wurde nicht eingehalten, immer neue Unstimmigkeiten mit dem Gutachterbüro, offenen Punkte ohne Klärung im  Feuerwehrbeirat. Dabei erscheinen nach dem ersten Entwurf gleich drei neue Feuerwachen erforderlich: in Brauweiler, Stommeln und Pulheim. 

Eine Bemerkung zur Standortdiskussion in Brauweiler. Ein städtisches Grundstück für einen Neubau gibt es inzwischen. Herr Bürgermeister, starten sie doch wie damals in Geyen ein eigenes B-Plan Verfahren an der Liethenstraße. 

Vorausschauend ist dagegen die Biotop-Vernetzung zwischen den Ortsteilen. So wünschen wir Grüne uns Grunderwerb zur Erweiterung des Naturschutzgebietes Ommelstal. Und auch für die Waldvermehrung wurden zusätzlich 2 X 25.000 € ergänzt. Darüber hinaus führen Vertragsnaturschutz-Projekte dazu, dass in Pulheim mehr Feldhamster leben als in ganz Holland. 

Und genau diese Feldhamster ärgern sich jetzt gemeinsam mit unseren Landwirten, Ingendorfern und Stommelnern über eine vor 30 Jahren geplante, vor 17 Jahren beschlossene und heute weder benötigte noch zeitgemäße Straße. Ich rede über die L93n, die mehr Verkehr und Unmut schafft als Entlastung und Ruhe. Hier kann ich verstehen, dass die Menschen vor Ort diese langen Planungsprozesse ohne Gegenwartsbezug nur schwer nachvollziehen können. 

III) Mobilitätkonzept 

Eine schöne Überleitung zum dritten Punkt, dem Mobilitäts-Konzept 

Das Thema Verkehrssicherheit insbesondere für Radfahrende ist jüngst in den Fokus gerückt. Eine Petition mit über 10.000 Unterschriften ist da eindeutig. Daher begrüßen wir ausdrücklich die 530.000 € zur Verbesserung des Radverkehrsnetzes. 

Bleibt aber auch hier die Frage nach der Umsetzbarkeit. Viele Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilität sollten schon jahrelang zumindest begonnen werden. Und auch das Mobilitätskonzept – ein wichtiger Baustein zum Klimaschutz – wurde erst in diesem Jahr, also nach 8 Jahren beschlossen. Leider so unverbindlich, dass wir daraus alles und nichts machen können. Auf die Fortsetzung werden wir ein genaues Auge werfen und gerne auch konstruktiv unterstützen. 

Positive Beispiele sind eine Machbarkeitsstudie für den künftigen Stadtbusverkehr für 150.000 € sowie inklusive einer 90 % igen möglichen Förderung rund 700.000 € für Mobilstationen. Diese Maßnahmen sehen wir als richtige Schritte in eine neue Mobilität, die dem PKW gleichwertige und für unsere Bürgerinnen und Bürger annehmbare Alternativen bieten kann. 

IV) Demokratie und Zusammenarbeit 

An dieser Stelle möchte ich gerne von einer wertvollen Begegnung erzählen, wenn ich zum 4. Punkt, Demokratie und Zusammenarbeit komme. 

Vor ein paar Wochen traf ich in Stommeln beim Familien-Einkauf eine Frau mit viel Lebenserfahrung. Wir kamen ins Gespräch. Sie war sehr besorgt um den wachsenden Populismus und um unsere Demokratie. Sie befürchtete, das drängende Probleme aufgrund von Streitigkeiten ungelöst bleiben. Außerdem findet sie es schade, dass Lösungsvorschläge, egal von wem, erstmal öffentlich niedergemacht werden. Sie würde sich wünschen, dass wir, also wir in der Politik weniger gegeneinander arbeiten. Wir sollen die Köpfe zusammenstecken, um ohne großen Stunk und Lärm nach außen gute Lösungen zu erarbeiten und diese dann gemeinsam zu präsentieren. 

An diesem Tag habe ich beim Einkauf die Nudeln vergessen, nicht aber dieses Gespräch. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht erwartet diese erfahrene und in der katholischen Kirche engagierte Frau genau das Richtige. Vielleicht ist das eine Chance, neue Wege und tragfähige Kompromisse zu finden, die sogar besser als die jeweiligen Ausgangspositionen von uns allen sein können. Vielleicht können alle demokratischen Fraktionen hierbei besser werden, ich meine alle, auch meine eigene. Vielleicht könnte dies auch ein Impuls zu einer neuen und konstruktiven Zusammenarbeit im Rat und von Rat und Verwaltung sein. 

Und vielleicht liegt hier auch der simple Schlüssel, Menschen wieder mitzunehmen und Desinformationen, Social Media Getöse und wachsendem Frust und Vorurteilen bis hin zu diesem beschämenden neuen, im Grundsatz aber alten Antisemitismus etwas entgegen zu setzen. Wir können gemeinsam zeigen, dass wir die Sorgen und Bedürfnisse ernst nehmen und handlungsfähig sind.  

Und dafür gibt es sogar gute Beispiele gelebter Demokratie in Pulheim. Wir bauen jetzt einen Biker- und Skaterpark am Sportzentrum. Eine großartige Initiative, die von Jugendlichen ausging. Auch Outdoorsportanlagen werden mit Hilfe von Bürgerbeteiligung gestaltet, nach unserem Vorschlag sogar mit Finanzmittel, je 15.000 € pro Jahr. 

V) Personal-Konzept & Stellenplan  

Entscheidend für die Handlungsfähigkeit und damit auch für die Umsetzung des Haushaltes ist die Personalpolitik. Wir sind bei Punkt 5. Der Mangel an Fachkräften bremst viele Projekte. Neues Personal zu finden ist bei leeren Arbeitsmärkten schwer aber kein Grund, dass viele, zu viele Mitarbeiter Pulheim verlassen. Wir müssen uns um ein aktivierendes, nach vorne gerichtetes Personal-Konzept kümmern, welches auf Wertschätzung setzt – und dafür fallen mir wirklich viele Anlässe ein. 

An dieser Stelle möchte ich mich im Namen meiner ganzen Fraktion ausdrücklich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für Ihren hervorragenden Einsatz bedanken. Nicht wie oft üblich am Ende, sondern mitten in der Rede – denn Sie sind mitten drin, in den Projekten, in der täglichen Arbeit. Herr Bürgermeister, Sie haben ein tolles Team. 

Zurück zum Stellenplan, der leider erst sehr spät zur Verfügung gestellt wurde. Gut ist, dass neue Stellen zur Bewältigung der vielen neuen Aufgaben geplant sind. Auch unsere Vorschläge wurde berücksichtigt. So wurden zwei neuen Sozialarbeiterstellen zur Betreuung von Geflüchteten in den Unterkünften aufgenommen. Hier fehlen jetzt nur noch Konzepte zur Integration und Unterbringung. 

Darüber hinaus wird die städtische Schulsozialarbeit um eine Stelle ergänzt. Diese unterstützt die Prävention sowie das Zusammenleben auch mit geflüchteten Kindern und kommt damit allen Schülerinnen und Schülern zugute. 

VI) Familienfreundlichen Pulheim 

Damit kommen wir zu Punkt 6, Familienfreundlichkeit. Dieser Bereich ist in Pulheim und in diesem Haushalt gut aufgestellt. Dennoch fehlen viele KiTa-Plätze, ja und seit 2014 auch noch ein paar KiTa-Küchen für frisches Essen. Allen voran fehlen aber ErzieherInnen. Dieser Mangel unterscheidet sich jedoch von dem generellen Personalmangel in der Verwaltung und trifft alle Träger, nicht nur städtische KiTa´s. Um trotz bundesweit fehlender 71.000 Erzieher in Pulheim eine möglichst breite Versorgung mit KiTa-Plätzen zu ermöglichen, haben wir tatsächlich alle die Köpfe zusammengesteckt. Wir haben keine perfekte, aber vielleicht eine gute und sogar auch gerechte Lösung gefunden, die den meisten Kindern 35 Betreuungsstunden in der Woche ermöglicht. 

Darüber hinaus werden weitere KiTa-Plätze für insgesamt über 6 Mio € in Sinnersdorf, an der Kopfbuche Stommeln und in Dansweiler geschaffen. Wenn es denn gelingt, diese zu bauen und dann noch Personal zu finden. 

VII) Schulmasterplan 

Kommen wir zum letzten Punkt von zentraler Bedeutung – dem Schulmasterplan. 

Keine leichte Aufgabe, die es zu stemmen gilt. 200 Mio € Investionen, um Schulen an 7 Standorten innerhalb von 11 bis 20 Jahren zu sanieren und neuzubauen. Die Grüne Fraktion unterstützt den Schulmasterplan und die damit einhergehende Verbesserung der Schullandschaft. Wir sind aber auch betroffen, welche Kosten aufgrund von vergangenen Versäumnissen entstanden sind. Alleine die Stommelner Grundschule muss nun für über 20 Mio € neu gebaut werden. Dass plötzlich so viele Gebäude gleichzeitig umgebaut werden müssen, zeigt, dass in der Vergangenheit viel zu lange gewartet und geschoben wurde. 

Für uns Grüne ist es wesentlich, dass mit diesem Haushalt erste Mittel zur Verfügung stehen. Damit steht dem Startschuss bei den Grundschulen nichts mehr im Wege. Bleibt die entscheidende Frage, wie die Stadt so viele Großprojekte gleichzeitig stemmen soll, vermutlich auch mit externer Hilfe eine Herausforderung. Und damit kommen wir zum Ausgangspunkt dieser Rede zurück.  

Ich komme zur Zusammenfassung 

Der vorliegende Haushalt ist zukunftsfähig, wenn er auch realisiert wird. Er enthält Impulse zum Klimaschutz und den Start zum Schulmasterplan. Der verbesserte Stellenplan unterstützt dies. Wir, Bündnis90/Die Grünen Pulheim, werden diesem Haushaltsentwurf zustimmen und erwarten damit, dass er mit aller Kraft umgesetzt wird. Wir Grüne werden dies gerne konstruktiv begleiten. 

Herr Bürgermeister, als Ansporn biete ich eine Wette um diese Nudeln an. Sie gewinnen, wenn sie 80 % der Investitionen schaffen. Wir können dann gerne Nudeln essen gehen – der Verlierer bezahlt. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen des Rates, ich bedanke mich bei Ihnen Allen, wünsche Ihnen eine schöne Weihnachtszeit und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit im neuen Jahr. 

Lasst uns die Köpfe zusammenstecken, Pulheim handlungsfähig machen und unsere Aufgaben für unsere Bürgerinnen und Bürger anpacken.  

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